Deutscher Bundestag
SPD

Antwort von Katja Mast MdB an Landrat Rosenau / Kein "weiter so" - Belastungsgrenze auch im Enzkreis erreicht

19.10.2022

SPD-Bundestagsabgeordnete und Erste Parlamentarische Geschäftsführerin Katja Mast hat auf den offenen Brief von Landrat Rosenau und Bürgermeister Schmidt geantwortet. In ihrem an Bundes- und Landespolitiker*innen adressierten offenen Brief hatten die beiden Kommunalpolitiker auf die Situation in den Kommunalverwaltungen aufmerksam gemacht. Die Antwort Katja Masts im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Landrat Rosenau,

sehr geehrter Herr Bürgermeister Schmidt,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 17. Oktober in der Sie mich über Ihr Schreiben an Bundeskanzler Scholz und Bundesinnenministerin Faeser vom 14. Oktober informieren. Auch Ihr Schreiben an Ministerpräsident Winfried Kretschmann und weitere baden-württembergische Kabinettsmitglieder hat mich erreicht. Selbstverständlich habe ich die heutige mediale Berichterstattung zur Kenntnis genommen.

Ich schätze Sie sehr. Auch unseren fortwährenden und direkten  Austausch – zuletzt am vergangenen Samstag bei der Verabschiedung von Bürgermeister Kleiner in Kämpfelbach. Umso wichtiger ist mir, Ihnen auf diesem Weg auch direkt zu antworten. Ich erlaube mir meine Antwort ebenfalls zu veröffentlichen.

Die politische Prämisse des Bundeskanzlers und damit der gesamten Bundesregierung „Niemand wird allein gelassen“ gilt und zwar uneingeschränkt. Dieses Versprechen setzt voraus, dass alle staatlichen Ebenen in diesen herausfordernden Zeiten Ihre Verantwortung wahrnehmen. Die Kommunen sind dabei unverzichtbar. Und wenn ich von Kommunen spreche, meine ich jede einzelne Mitarbeiterin und jeden einzelnen Mitarbeiter, die und der in Ihren Verwaltungen unglaubliches leistet. Lassen Sie uns klar den Blick auf die Bürgerinnen und Bürger werfen – die letzten Wochen haben gezeigt, wie die Bundesregierung gezielt und effektiv handelt.

Die Entlastungspakete I, II, III, (95 Milliarden Euro), die Unterstützung für Rentnerinnen und Rentner (die 300-Euro-Energiepreispauschale folgt im Dezember), Bürgergeld, Wohngeld-Plus, eine Einigung auf das 49-Euro-Ticket – umfangreiche Themen, um Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen zu entlasten. Es ist ein Kraftakt, aber wir arbeiten intensiv daran, dass die Entlastungen gezielt ankommen. Wir sind bestrebt, dass wir Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen gezielt helfen und bedarfsgerecht zu unterstützen. Viele Familien sind in große Not geraten, daher haben wir beispielsweise bei dem dritten Entlastungspaket den Kinderzuschlag erhöht. Der Abwehrschirm von 200 Milliarden Euro gegen die steigenden Energiekosten wird die Haushalte, das Handwerk, Vereine, Unternehme und soziale Träger entlasten. Diesbezüglich bin ich im engen Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern vor Ort, wie kürzlich mit den Stadtwerken, dem Kreishandwerksmeister, Caritas und dem Kinderschutzbund.  Um dies effektiv zu gestalten, möchte ich an die morgen beginnende Jahreskonferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten erinnern. Dort werden selbstverständlich alle wichtigen Themen besprochen. Als Erste Parlamentarische Geschäftsführerin meiner Fraktion bin ich für diese Bund-Länder-Koordinierung mit verantwortlich und selbstverständlich wird dort auch über das Thema Flucht gesprochen. Natürlich ist auch hier eine Ministerpräsidentenkonferenz mit der Bundesregierung verabredet.

Sie wissen beide, dass ich nicht erst seit der Corona-Pandemie, sondern seit 2005, diesen direkten Austausch pflege. Ich nehme daher das von Ihnen formulierte „kein weiter so“, sehr ernst. Ich gehe auch nicht leichtfertig darüber hinweg, plädiere aber für eine geteilte Verantwortung. Mit Blick auf den Fachkräftemangel und dem enormem Potential der jungen Menschen vor Ort bin ich überzeugt, dass mit einer gezielten Qualifizierung Personal gewonnen und ausgebildet werden kann. Dieser Herausforderung stellt sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil mit seiner Fachkräftestrategie und wir im Bundestag

diese Woche mit dem Chancenaufenthaltsrecht, um Fachkräfte zu halten.

Für mein Dafürhalten darf es nicht bei einer Belastungsanzeige bleiben. Denn: Wie sollen wir Krisen bewältigen, wenn sich – ich formuliere es auch etwas zugespitzt – ganze Verwaltungseinheiten „abmelden“? Weder ist dies möglich, noch ist das hilfreich. Ich bin in die Politik gegangen, um im Konkreten an der Lösung von Herausforderungen zu arbeiten. Dieser Anspruch an die politische Arbeit besteht bis heute fort. Und ich weiß, dass Sie das im Kern auch so sehen. Zumindest kann ich mich sehr gut erinnern, welche enorme Leistung Sie und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Bewältigung der vorheriger Flüchtlings-Krisen, der Corona-Pandemie oder auch bei der ganzen Causa „Müller Fleisch“ geleistet haben. Ich profitiere bei meiner politischen Arbeit enorm von meinen persönlichen Besuchen und Austausch in den Enzkreis-Gemeinden, im Landratsamt, im Jobcenter, im Gesundheitsamt, den Schulen und dem direkten Austausch auf Augenhöhe.

Der Aggressor und Auslöser allen jetzigen Übels sitzt im Kreml und heißt Waldimir Putin. Das gehört zur Klarheit und Wahrheit dazu. Ich sehe sehr gut, was Sie beschreiben.  Ich spreche mehrmals in der Woche direkt mit Bundeskanzler Scholz und Bundesinnenministerin Faeser. Ich kann Ihnen versichern, dass Beide ein sehr hohes Bewusstsein für Ihre Herausforderungen haben. So wird beispielsweise auch an einem gemeinsamen Vorgehen der EU-Staaten an der so genannten Balkan-Route gearbeitet. Entsprechende Initiativen auf europäischer Ebene von Bundesinnenministerin Nancy Faeser und die

verstärkten Grenzkontrollen gegenüber der Slowakei, sowie politischer Druck auf Serbien, haben bereits zu einem leichten Rückgang des Migrationsgeschehen auf der Westbalkan-Route geführt. Auch der von Nancy Faeser einberufene Flüchtlingsgipfel in der vergangenen Woche mit den kommunalen Spitzenverbänden hat die Herausforderung klar und deutlich benannt.

Sehr geehrter Herr Landrat Rosenau,

sehr geehrter Herr Bürgermeister Schmidt,

Die Welt ist, wie sie ist. Millionen Menschen werden entlastet und müssen weiter entlastet werden. Und natürlich muss das administriert und umgesetzt  werden – in den Kommunen, im Bund und im Land. Fingerzeige helfen nicht – in keine Richtung. In diesem Sinne bin ich jederzeit auch weiterhin bereit, mich mit Ihnen – auch kurzfristig, sehr gerne auch vor Ort – jederzeit auszutauschen, was wir im Konkreten verbessern können. Ich nehme den Schulterschluss, den Sie gemeinsam am Ende Ihres Schreibens fordern, ernst. Um im Bild zu bleiben: Das Schultergelenk ist das beweglichste Gelenk des Körpers – und das komplizierteste.

Bleiben wir in Bewegung – gemeinsam für die Bürgerinnen und Bürger, für die wir an unterschiedlichen Stellen unseres Landes politische Verantwortung tragen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre

Katja Mast MdB

Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion